Seiten der Geschichte
Die Burg Pergine kann auf eine mehr als zweitausendjährige Geschichte zurückblicken. Eine große alte Dame, die robust und zugleich fragil ist, die Aufmerksamkeit und Achtung verdient.
Liebe und Wertschätzung, die ihr entgegengebracht werden, stattet sie als Schönheit und Zauber zurück.
Burg Pergine (650 m) ragt über dem alten gleichnamigen Städtchen auf, das sich mit dem Tegazzo-Viertel an ihrem Fuß zusammendrängt, sie beherrscht die Ebene und die umliegenden Anhöhen. Von ihrem Hügel herab bieten sich faszinierende Ausblicke auf das obere Valsugana: im Süden der von der Vigolana überragte Caldonazzosee, im Osten die Berge Marzola, Celva und Calisio und das Dorf Civezzano, im Norden die Kulissen der Hochebene von Piné, im Osten Dörfer und Gipfel des Fersentals.
ZUR KONTROLLE EINES VERKEHRSWEGS
Die strategische Bedeutung des Burghügels und Münzfunde (von der späten Kaiserzeit bis zur Spätantike) geben zur Vermutung Anlass, dass sich hier zumindest von der Römerzeit an eine Festung zur Kontrolle einer bedeutenden Verbindungsstraße zwischen Venetien und Trient (Via Opitergium –Tridentum, 3. Jh. n. Chr.) befunden hatte.
FLUCHTBURG
Möglicherweise hat die Wehranlage sich vom Frühmittelalter an entwickelt, anfangs wohl als Fluchtburg für die einheimische Bevölkerung.
DIE HERREN TRETEN AUF DEN PLAN
Die älteste urkundliche Erwähnung des Namens „Pergine“ geht auf das Jahr 845 n. Chr. zurück, als drei Lehnsleute des karolingischen Königs Ludwig II. zitiert werden.
Von 1144 an treten in alten Dokumenten auch die adeligen Herren von Pergine auf, die das Lehen im Auftrag des Fürstbischofs von Trient verwalten. Die erste Erwähnung einer Burg findet sich dagegen 1220 in einem Urbar der Kanoniker von Trient, in dem von einer Wiese „de retro castrum de Perzene“, „hinter der Burg Pergine“, die Rede ist. In zwei Urkunden (1270 und 1277) werden mehrere Gebäudeteile angeführt: ein Palas, ein Turm als Teil der Befestigungsanlagen (gegen den Tegazzo), ein Wachgebäude und ein verfallener Turm.
KONFLIKTE ZWISCHEN HERRSCHERN
Im Zuge der turbulenten Auseinandersetzungen (1270–1289) zwischen dem Fürstbischof von Trient und dem Tiroler Grafen Meinhard II. kam Burg Pergine an die Tiroler Landesherren. Im Jahr 1347 erstattete Kaiser Karl IV. sie den Fürstbischöfen zurück, die sie allerdings schon neun Jahre später wieder abtreten mussten: Der Tiroler Landesfürst Ludwig von Brandenburg, Gemahl der Tiroler Erbin Margarethe Maultasch, hatte die nach Pergine zu Hilfe gerufenen Truppen der da Carrara aus Padua besiegt. Nach der 1363 erfolgten Übergabe des Landes Tirol an die Habsburger kam auch Burg Pergine zu Österreich.
VON DER WEHRANLAGE ZUR RESIDENZ
Im frühen 16. Jahrhundert wurde Burg Pergine auf Betreiben von Kaiser Maximilian I. in einen noblen Wohnsitz verwandelt. Der Wiederaufbau des Palas und andere bauliche Maßnahmen zogen sich über mehr als 20 Jahre hin.
IN FÜRSTBISCHÖFLICHEM BESITZ, VON HAUPTLEUTEN VERWALTET
Im Jahr 1531 wurden Bernhard von Cles die Burg und das Gericht Pergine übertragen, die über einen langen Zeitraum hinweg bei den Fürstbischöfen von Trient blieben. Als Hauptleute wurden, als Gegenleistung für geliehenes Geld, bedeutende Adelsfamilien eingesetzt, wie die Firmian, die Madruzzo und die Wolkenstein. Vom späten 17. Jahrhundert an wurden diese Richter oder Pfleger direkt von den Bischöfen ernannt. Die Hauptleute verlangten der einheimischen Bevölkerung hohe Steuern, Abgaben in Naturalien und Arbeitsleistungen ab. Nach der Aufhebung des Fürstbistums im Jahr 1803 kam Burg Pergine erneut an die Habsburger, wurde aber 1826 an die bischöfliche Kurie zurückerstattet, die es an Bauernfamilien vermietete.
EIN PRIVATMANN KAUFT DIE BURG
1905 wurde Burg Pergine vom bayerischen Rechtsanwalt Ferdinand Putz erworben, der zur Verbreitung der deutschen Kultur im Raum Pergine die pangermanistisch orientierte „Burg Persen Gesellschaft“ ins Leben rief. Zwischen 1910 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden an der inzwischen arg heruntergekommenen Burg verschiedene Restaurierungs- und Umbauarbeiten vorgenommen.
ANKAUF DURCH DIE GEMEINDE
Im Jahr 1920 wurde die Burg von der Gemeinde Pergine erworben. Sie wurde vermietet und in ein stimmungsvolles Hotel, anschließend in einen privaten Wohnsitz verwandelt. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts lebten hier der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti und andere namhafte Vertreter der Theosophischen Gesellschaft.
ES KOMMEN DIE „SCHWEIZER”
Im Jahr 1956 ging die Burg auf dem Erwerbswege an den Ingenieur Mario Oss aus Zürich, der hier einen Hotelbetrieb ins Leben rief. Der internationale Erfolg blieb nicht aus, auch dank einer umsichtigen und weitblickenden Führung, die sich die Erhaltung des geschichtlichen Baubestands und der Kunstschätze zum Ziel gesetzt hatte.
DIE BURG WIRD GEMEINBESITZ
Im Jahr 2018 wird die Burg dank einer Spendenaktion von der Fondazione CastelPergine onlus erworben. Diese Stiftung bemüht sich nicht nur um Pflege und Wahrung des Bauwerks an sich, sondern się fördert die Burg auch als lebendiges Kulturzentrum und führt sie als stimmungsvolles Hotel und attraktives Restaurant: eine mittelalterliche Burg als Modell nachhaltigen Fremdenverkehrs im 21. Jahrhundert.
Keine Burg, kein Schloss ohne Geheimnisse, ohne Legenden und Geistergeschichten. Hier auf Burg Pergine wird von der Weißen Dame erzählt, vom Tropfkerker, von der Messerfolter, von der Hitze- und der Kältetortur und der Folterkammer im Rundturm, und es wird von langen unterirdischen Gängen gemunkelt, die sich durch den Burghügel ziehen.
Burg Pergine ist am 29. November 2018 Gemeinbesitz geworden. Die Stiftung hat sich die Pflege dieses geschichtlich und kunsthistorisch so bedeutenden Bauwerks und seine Erhaltung zum Ziel gesetzt.
FONDAZIONE CASTELPERGINE Onlus